Letzte Woche fand in Bremerhaven die Sail statt. Eine Veranstaltung die nur alle paar Jahre in die Seestadt kommt, und die ich bereits seit der ersten Sail 1986 regelmäßig besuche, sofern es möglich ist. Dieses Jahr habe ich es leider zeitlich nicht geschafft.
Mit der Sail verbinde ich aber auch Diabetes, besonders mit der Sail 1990. Prächtiges Wetter, Segelschiffe, Matrosen und elendiger Durst. Ich habe mich quasi von einer Getränkebude zur nächsten gehangelt. En paar Tage später lag ich im Krankenhaus. Mutti hatte ja schon eimmal drüber berichtet.
Das ganze ist in diesem Monat genau 25 Jahre her! Die Diabetes Sau und ich feiern diesen Monat quasi Silberhochzeit. 25 Jahre sind eine lange Zeit. In der Zeit kann viel passieren. Wer hätte damals je an das Internet (so wie wir es heute kennen) und Smartphones gedacht?
Und was hat sich in 25 Jahren Diabetes-Therapie geändert? Eigenlicht viel, und eigentlich dann doch wieder wenig. Naja, zumindest führt noch immer kein Weg an Blutzuckerkontrolle und Insulin vorbei. In 25 Jahren habe ich mir übrigens schon ungefähr 83000 Nadeln in die den Körper katapultiert. Seht selbst. Die Zeiten einer starren Therapie sind aber zum Glück Schnee von gestern. Aber Heilung? Nö. Leute zum Mond schießen? Jap!
Diabetes 1990 vs. Diabetes 2015
Blu blub, kick kick. Am (im) Gardasee und beim Wettkampf. Kurz vor der Diagnose 1990.
Blutzuckermessen
Blutzuckermessgeräte groß wie Backsteine mit 2 Minuten Messdauer. Dafür war ein Blutstropfen nötig, den man auch noch Tropfen nennen konnte. Als Stechhilfe hatte ich am Anfang Lanzetten, die ich mir ohne Gerät in den Finger oder ins Ohr gerammt habe. Das hat ein wenig Übung erfordert, um sich das kleine flache blanke Metallteil nicht zu tief unter die Haut zu rammen, denn manchmal glich das Blutzuckermessen fast einem kleinem Massacker.
Und heute? Kleine Blutzuckermessgeräte die das Ergebnis in Sekunden ausspucken, schmerzarme Stechhilfen und CGM natürlich nicht zu vergessen.
Spritzen
Angefangen habe ich damals mit normalen Einwegspritzen. Nadellänge 12mm. Keine Ahnung wieviel Gauge, aber die Nadeln waren definitiv dicker als heute und flutschten nicht so easy wie sie es heute tun und hinterließnen ein paar unschöne Löcher. Irgendwann bin ich dann auf einen Pen (im modernen beige) umgestiegen, das Insulin musste nicht mehr gemischt werden, das hieß aber auch 2x spritzen. Für mich die erste Pumpe hab es dann 2000.
Ernährung
Gürkchen und süße Cherry Tomaten als Snack für den Kindergeburtstag. Ein fester Essensplan. Feste Mengen, feste Zeiten. Egal ob Hunger oder nicht. 9:30Uhr und 11:00Uhr
war die Zeit für eine Scheibe Brot und Vanille Wölkchen Diät von Dr Oetker. Ab und zu mal „Diabetiker Süßigkeiten“. Die nicht nur fürchterlich schmeckten, sondern sich auch nicht sonderlich gut auf die Verdauung auswirkten. Ich erinnere mich an Gummibären und Kaugummi, die beim Zerkauen in bröselige Einzelteile zerfielen. Einzig die Joghurt-Schokoriegel von Schneekoppe fand ich OK. Gibt es sogar heute noch. Zumindest waren sie eine gute Abwechslung zu den Sojakernen mit Paprikawürze, die es zu knabbern gab. Ich glaube es war ungefähr 1993 als sich die Sache mit der Ernährung für Typ-1 Diabetiker ein wenig änderte, und ich kann mich noch genau an meinen ersten Milka Schokoriegel erinnern, den ich nach der Diagnose aß. Und zugegeben, durch den strengen Plan der vorigen Jahre, war das sogar ein wenig mit Angst verbunden mein Blutzucker könnte völlig aus den Fugen geraten. Tat er natürlich nicht.
Heute gibt es für uns Typ-1 Diabetiker keine Einschränkungen was die Ernährung betrifft. Und das ist gut so. Für mich hat gutes Essen sehr viel mit Lebensqualität zu tun. Verzichten gibt es für mich nicht. Um den Blutzucker unter Kontrolle zu halten, heißt es ausprobieren und lernen.
Selbsthilfe
Eigentlich hasse ich das Wort. Lässt mich irgendwie krank fühlen. Ein paar Mal war ich in so einer „Selbsthilfe-Gruppe“. Das war aber eigentlich eher für Eltern. Irgendwann wurde da mal zusammen gekocht und gebacken. Alles „diabetikerfreundlich“ versteht sich.
Heute nehme ich regelmäßig an einem Diabetiker-Stammtisch teil. Ohne zuckerfreie Kekse, dafür mir Bierchen und guten Essen und nach netten Plauderrunde irgendwo in einer Kneipe oder Restaurant. Und nicht zu vergessen, „Selbsthilfe“ findet heute fast ausschließlich online statt. Facebook, Twitter, Foren und Blogs. Ich behaupte mal, dass Diabetiker durch den Austausch mit der Diabetes Online Community weitaus besser über Diabetes informiert sind als damals. Die Community ist immer da, Tag und Nacht. Und nicht nur zu einem bestimmten Termin einmal im Monat. Manchmal trifft sich diese Online Community aber auch im „richtigen Leben“, wie zum Beispiel auf dem T1 Day, den ich auch 2016 wieder mit moderieren werde. Save the Date ;-).