Freiheitsberaubung. Klingt erstmal übertrieben, für viele Diabetiker wird regelmäßiges Blutzuckermessen aber durchaus so empfunden. Ein hoher Wert hindert mich vielleicht daran die Pizza zu essen, das Eis zu schlabbern oder die Packung Kinderriegel zu inhalieren. Ein tiefes Messergebnis bremst mich vielleicht beim Sport aus, zwingt mich zu einer Pause oder veranlasst mich unnütze Kalorien zu konsumieren. Dieses kleine fiese Gerät, eine Maschine, bestimmt also quasi was ich zu tun oder zu lassen habe? Verdammt! Ich gebe zu, es fällt schwer da am Ball zu bleiben. Andererseits, ein gemessener Wert kann uns vor unüberlegten oder falschen Handlungen bewahren.
Blöde Kommentare….sind überflüssig. Ich habe es gehasst, und tue es auch heute noch. „200mg/dl? Oh, da hast du sicher wieder zu viel gegessen! Oder du hast deine Insulin Dosis falsch berechnet!“ Solche und andere unnütze Kommentare bezüglich des Blutzuckers ermutigen einen nicht wirklich vor anderen Leuten den Blutzucker zu messen, sondern geben einem eher das Gefühl mal wieder etwas falsch gemacht zu haben. Dann lieber gar nicht messen oder sich ins dunkle Kämmerchen verkrümeln? Die Diabetes Polizei, AKA Mutti, hat es einem damals echt nicht leicht gemacht. Wie oft hätte ich sie für solch böse und ermahnende Blicke und Bemerkungen gerne weit weg nach Takatukaland geschickt. Nun denn, es sei ihr verziehen, denn oft sind solche Bemerkungen nicht böse gemeint, sondern einfach nur ein Versuch zu helfen (der bei uns Diabetikern aber leider oft in Gestalt des erhobenen Fingers ankommt). Doch bevor Ihr euch durch solche Kommentare davon abhalten lasst, den Blutzucker überhaupt zu messen, redet mal ein ernstes Wörtchen mit den unerwünschten „Aufpassern“.
Generell stellt das Messen und Spritzen in der Öffentlichkeit für viele Diabetiker ein Problem da. Ich habe es nie anders gelernt und seit meiner Kindheit messe und spritze ich da wo ich gerade sitze oder stehe. Interessiertes aber auch empörtes Geglotze sind keine Seltenheit. Da sollte man Diabetiker drüber stehen. Erstens sollte es niemand als störend empfinden, wenn jemand sich um seine Gesundheit kümmert, und auch man selber sollte sich ruhig mal dafür auf die Schulter klopfen!
Messen tut weh! BULLSHIT! Das Angebot an Stechhilfen ist groß, die Nadeln mittlerweile so fein…DA MERKT MAN NIX! Wer sich die Nadel nicht direkt in die Fingerkuppe haut, dort wo die vielen kleinen Nerven sich befinden, sondern seitlich der Fingerbeere piekt, der wird auch nichts merken. Außerdem sollte man genau wie beim Pen auch, die Nadel nach jedem Gebrauch wechseln. *Hust*, die Betonung liegt auf “sollte“. Zu Beginn meiner Diabetes Karriere gab es noch keine Stechhilfen, kleine Metalllanzetten wurden „manuell“ ins Ohr oder Finger katapultiert. DAS tat weh, solang man noch nicht die richtige Geschwindigkeit in Kombination mit Druck gefunden hatte. Im ersten Jahr Diabetes sahen meine Fingerkuppen schlimmer aus als heute nach 22 Jahren! Am liebsten sind mir da ja immer die Typen, die immer einen auf dicke Hose machen, sich aber beim Anblick von ner Mininadel sich fast vor Angst in die Hose pieseln. Man(n) Man(n)!
Zu guter letzt: Man hat einfach Besseres zu tun! Stimmt, wir sind ja alle sooo busy. Aber liebe Leute, was gibt es Wichtigeres, als sich ein paar wenige Sekunden täglich um seine Gesundheit und somit auch um seine Zukunft zu kümmern?! Jede SMS oder Gepopel in der Nase nimmt vermutlich mehr Zeit in Anspruch!
Blutzuckermessen ist heute denkbar einfach, unkompliziert und geht schnell von der Hand. Selbst das Equipment ist so klein und überschaubar, jedes Smart Phone nimmt vermutlich mehr Platz in der Tasche weg. Trotzdem scheint es für viele Diabetiker ein Problem zu sein, sich intensiv mit seinem Blutzucker auseinander zu setzen, bzw überhaupt das Blutzuckermessgerät regelmäßig zu nutzen. Die Gründe sind vielseitig, sei es vielleicht sogar ein psychologisches Problem, oder es fehlt einfach ein Stück Willenskraft.
Und meine ganz persönliche Motivation erfahrt Ihr später….